Die vielen Gesichter von Markus Walenzyk

Das Christa Moering-Stipendium, mit einer Dotierung von 10.000 Euro, wurde im Gedenken an die Wiesbadener Malerin und Ehrenbürgerin ins Leben gerufen. Das Stipendium wird jedes Jahr an Künstlerinnen und Künstler vergeben, deren Schaffen das festgelegte Thema verkörpert. Dieses Jahr lautete das Motto »Mensch«, und der Videokünstler sowie Performer Markus Walenzyk beeindruckte die Jury mit seiner intensiven Auseinandersetzung mit dem eigenen Porträt.

In der Ausstellung »Druck« präsentiert Walenzyk eine fesselnde Auswahl alter und neuer Arbeiten, die teilweise im Rahmen des Stipendiums entstanden sind. Ein zentrales Motiv seiner Werke ist das menschliche Gesicht, das er auf vielfältige Weise durch den Einsatz unterschiedlichster Materialien, Grafiken und raumfüllender Skulpturen erforscht. Der Künstler, in Wiesbaden geboren, betont die künstlerische Befragung der Identität als essenziellen Bestandteil seiner Arbeit.

Beim Betreten der Ausstellung tauchen Besuchende in eine faszinierende und zugleich erschreckende Atmosphäre ein. Großformatige Videoaufnahmen dominieren die Räume, während der Künstler mit seinen Werken eine intime, fast nahbare Atmosphäre schafft. Besonders bemerkenswert ist die direkte, fast greifbare Nähe, die der Künstler durch seine Werke verkörpert. 

Werk aus der Ausstellung »Druck« von Markus Walenzyk
Werk aus der Ausstellung »Druck« von Markus Walenzyk im Kunsthaus Wiesbaden, © Kunsthaus Wiesbaden

Der Künstler hinter der Maske

Im Gespräch mit dem Künstler Markus Walenzyk, anfangs distanziert erscheinend, entpuppt sich dieser bei näherem Kennenlernen als feinfühliger und zugleich humorvoller Mensch. Er möchte, dass die Besuchenden dazu ermutigt werden, sich Zeit zu nehmen und die Ausstellung in Ruhe zu erkunden – eine bewusste Gegenposition zu unserer heutigen schnelllebigen Gesellschaft. 

Der Künstler spielt gekonnt mit dem Thema der Maske, dieses Motiv durchzieht viele seiner Werke, insbesondere seine jüngste Videoinstallation, die im Rahmen des Stipendiums 2023 entstanden ist. In dieser eindringlichen Darstellung trägt der Künstler eine Teigmasse, bestehend aus Hefeteig, auf sein Gesicht. Der gesamte Prozess besteht aus drei aufeinanderfolgenden Takes, die den Betrachter auf eine visuelle Reise mitnehmen. Während das Gesicht des Künstlers auf einem Spiegel liegt, wird die Spiegelung präsentiert, und hierdurch entstehen zwei Gesichter, die in einer faszinierenden Zerrissenheit miteinander verschmelzen. Durch diese künstlerische Inszenierung wird nicht nur die Untrennbarkeit der Identität thematisiert, sondern es entsteht auch ein drittes Bild, das organische Elemente in sich trägt. 

Einblick in die Ausstellung von Markus Walenzyks »Druck« im Kunsthaus Wiesbaden
Einblick in die Ausstellung »Druck« von Markus Walenzyk im Kunsthaus Wiesbaden, © Kunsthaus Wiesbaden

Ein Künstler, der sich an der Welt abarbeitet

Markus Walenzyks eindrucksvolle Werke erstrecken sich über verschiedene Installationen, von denen jede eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit der menschlichen Identität und ihrer Beziehung zur Natur und Gesellschaft darstellt. In seiner Schlüsselarbeit »Waxed« aus dem Jahr 2012 taucht Walenzyk sein Gesicht wiederholt in flüssiges Wachs. Schicht für Schicht entsteht so eine Wachsmaske, die nicht nur sein Äußeres verändert, sondern auch das Atmen erschwert. Die entstehenden Porträts erinnern anfangs an Totenmasken oder antike Marmorbildnisse, wandeln sich jedoch allmählich zu grotesken Masken. Der Künstler betrachtet Gesichter als oft inflationär und verwendet sie kritisch, um auf die Überflutung unseres visuellen Alltags hinzuweisen.

Ein weiterer Höhepunkt der Ausstellung ist die Videoinstallation »Überdehntes Portrait« von 2019-2021, hier werden Videoinstallation und Skulptur auf innovative Weise kombiniert. Eine säulenartige Skulptur aus weißem Gips repräsentiert ein spezifisches Portrait des Künstlers. In der Videoinstallation übt Walenzyk mit dem Kopf in der Hohlform Druck auf die Skulptur aus, die wie ein überdimensionales Schreibwerkzeug wirkt. 

Ein breiter Kreidestrich auf dem rauen Untergrund in der Mainzer Innenstadt entsteht. Dieser lässt sich als ein Symbol für die Vergänglichkeit und die Zweifel des Künstlers, der sich ständig an der Welt abarbeitet, interpretieren. 

Werk aus der Ausstellung »Druck« von Markus Walenzyk
Werk aus der Ausstellung »Druck« von Markus Walenzyk im Kunsthaus Wiesbaden, © Kunsthaus Wiesbaden

Einblicke in eine kritische Welt

Der Ausstellungstitel »Druck« bezieht sich auf Walenzyks frühe Druckgraphiken und trägt mehrere Bedeutungen in sich. Es reflektiert Zweifel, den Druck als Künstler zu bestehen, und die Vielfalt seiner Werke, die den Kontrast der Unsicherheiten von Zeit und Gesellschaft verkörpern. Walenzyk nutzt nicht nur verschiedene Materialien, sondern auch Reste in kleineren Werken, betont die Nachhaltigkeit und reglementiert sich in seiner Kunst, was zu einer Reduzierung auf das Wesentliche führt. Die Ausstellung bietet somit einen faszinierenden Einblick in die progressive und kritische Welt von Markus Walenzyk.

Die Ausstellung ist vom 14. Dezember bis zum 18. Februar geöffnet und kann dienstags, mittwochs, freitags, samstags und sonntags von 11 bis 17 Uhr sowie donnerstags von 11 bis 19 Uhr bei freiem Eintritt besucht werden. 

Ausstellung »Druck« von Markus Walenzyk im Kunsthaus Wiesbaden

14.12.23 – 18.02.24

Öffnungszeiten:

Di, Mi, Fr, Sa, So:
11-17 Uhr

Do:
11-19 Uhr

KunstHaus Wiesbaden

Schulberg 10
65183 Wiesbaden